Samstag, 16. Februar 2013

Es beginnt...

Draußen herrscht noch der Frost, im Garten tragen die Pflanzen noch die Fruchtstände vom Vorjahr. Die ersten Blüten von Zaubernuss und Gartenprimeln und die ersten Schneeglöckchen trauen sich hervor. Ich habe ein paar Samen von Akelei und Ringelblumen gesammelt und mit den Resten aus alten Samentütchen gemischt. Heute nachmittag wollen wir die ersten Samenbomben basteln, mit Erde aus Maulwurfshügeln, die es auf der Wiese massenhaft gibt.
Auch im Garten sind bereits die Guerillagärtner unterwegs: an der Maxi-Futterstange tummelt sich eine ganze Bande von Meisen, Finken und Spatzen, nur ab und zu von einem Buntspecht oder einem Eichelhäher vertrieben (die sind einfach viel größer). Was herunterfällt, sammeln die Amseln auf. Trotzdem wachsen auf meinen Beeten regelmäßig Sonnenblumen, die ich nicht dorthin gesät habe. Und am Flussufer habe ich im Herbst einen kleinen Walnussbaum gefunden, den wohl das Eichhörnchen (oder das Liebe Jesulein? AlterWitz) gepflanzt hat.

Und noch einem Guerillagärtner bin ich begegnet, im großen Balladenbuch:

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
ein Birnbaum in seinem Garten stand, 
und kam die goldene Herbsteszeit
und die Birnen leuchteten weit und breit, 
da stopfte, wenn´s Mittag vom Turme scholl, 
der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
und kam in Pantinen ein Junge daher, 
so rief er: "Junge, wist´ ´ne Beer?"
und kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn,
kumm man röver, ich hebb´ne Birn."

So ging es viele Jahre, bis lobesam
der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. ´S war Herbsteszeit,
wieder lachten die Birnen weit und breit, 
da sagte von Ribbeck: "Ich scheide nun ab,
legt mir eine Birne mit ins Grab."
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
trugen von Ribbeck sie hinaus,
alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
sangen "Jesus meine Zuversicht",
und die Kinder klagten, das Herze schwer,
"He is dod nu. Wer giwt uns nu ´ne Beer?"
     
So klagten die Kinder. Das war nicht recht,
ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht,
der neue freilich, der knausert und spart,
hält Park und Birnbaum strenge verwahrt,
aber der alte, vorausahnend schon
und voll Misstraun gegen den eigenen Sohn,
der wusste genau, was damals er tat,
als um eine Birn´ins Grab er bat,
und im dritten Jahr, aus dem stillen Haus
ein Birnbaumsprössling sprosst heraus.

Und die Jahre gehen wohl auf und ab, 
längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
und in der goldenen Herbsteszeit
leuchtet´s wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung´über´n Kirchhof her,
so flüstert´s im Baume: "Wiste ´ne Beer?"
und kommt ein Mädel, so flüstert´s "Lütt Dirn,
kumm man röver, ick gew´di ´ne Birn".
So spendet Segen noch immer die Hand
des Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

(Theodor Fontane, 1819-1898) 

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